Besorgnis der Befangenheit wegen Verteilens von Schoko-Weihnachtsmännern

In einem am Landgericht Flensburg geführten Umfangsverfahren (öffnet in neuem Tab) wurden vergangene Woche beide Hauptschöffinnen wegen der Besorgnis der Befangenheit (siehe zur einschlägigen Norm hier (öffnet in neuem Tab)) erfolgreich abgelehnt. Da das Gericht zu Beginn des Verfahrens im Sommer 2020 zwei Ergänzungsschöff*innen hinzugezogen hatte, platzte der Prozess nicht, die Ergänzungsschöff*innen rückten auf.

Dem Vorgang lag zugrunde, dass die Hauptschöffinnen am letzten Hauptverhandlungstag vor Weihnachten Schokoladenweihnachtsmänner unter anderem an den Staatsanwalt verschenkten, die Verteidigung (Rechtsanwälte Dr. Molkentin und Dr. Buchholz) und der Angeklagte erhielten hingegen keinen.

Dies begründete die Besorgnis der Befangenheit. Dafür ist es nicht erforderlich, dass Richter tatsächlich befangen sind, es genügt vielmehr bereits, dass deren Verhalten auf den Angeklagten in nachvollziehbarer Weise so wirkt. Das liegt bei einer Geschenkaktion an den Staatsanwalt naturgemäß sehr nahe. Es drängt sich für den Angeklagten der Eindruck auf, die Richter würden sich dem Vertreter der Anklage mehr als der Verteidigung verbunden fühlen.

Erfolgreiche Ablehnungsgesuche wegen der Besorgnis der Befangenheit, die sich auf nicht mit dem Verfahren im engeren Sinn zusammenhängendes Prozessverhalten eines Richters stützen, sind selten. Neben dem „Nutzen des Smartphones“ und dem „schlafenden Richter“ entwickelt sich das Verteilen von Schokoladenweihnachtsmänner langsam zu einem Klassiker: Einen vergleichbaren Sachverhalt hat das Landgericht Koblenz (öffnet in neuem Tab) vor acht Jahren schon einmal – ebenso wie hier – entschieden.

Einen Bericht des shz finden Sie, allerdings hinter der Bezahlschranke, hier (öffnet in neuem Tab).

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